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Eine Gruppe von Menschen, die Geigen spielen, mit Noten vor sich, mit drei Kirchenvätern und einer Bibel im Hintergrund und einem Photo-Rahmen mit Verzierungen drumherum.

Die Wahrheit

Die Wahrheit

Allgegenwärtig in Bayern: Vor Weihnachten ist das Gedicht „Heilige Nacht“ des noch immer beliebten Antisemiten Ludwig Thoma in aller Munde.

  1. Dezember 2025, 23:06 Uhr

Schlagwörter: Unterhaltung, Popkultur

Eine Initiative zur Umbenennung von Straßen, die den Namen Ludwig Thomas tragen, hat in Bayern eine Debatte ausgelöst. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) lehnte Forderungen ab, den Schriftsteller aus dem öffentlichen Raum zu entfernen. Die Kampagne, unterstützt von Historikern und jüdischen Gemeinschaften, verweist auf Thomas gut dokumentierte antisemitische Haltung.

Ludwig Thoma, einer der bekanntesten bayerischen Autoren, veröffentlichte antisemitische Artikel im „Miesbacher Anzeiger". Sein 1908 erschienenes Gedicht „Heilige Nacht“ ist bis heute ein fester Bestandteil der vorweihnachtlichen Tradition in der Region – trotz seiner umstrittenen Inhalte. Das Werk schildert die Herbergssuche von Maria und Josef in Bethlehem, doch Kritiker werfen ihm vor, es bediene schädliche Klischees.

Seit Jahrzehnten meiden viele Bayern es, „Heilige Nacht“ bei festlichen Anlässen zu rezitieren. Dennoch zieht das Gedicht weiterhin großes Publikum an: Der Schauspieler Enrico de Paruta führt es seit über 25 Jahren mit ausverkauften Häusern auf. Die Umbenennungsinitiative gewann an Fahrt, nachdem sich Münchner Historiker und die lokale jüdische Gemeinde zusammenschlossen. Auch Politiker und zivilgesellschaftliche Gruppen unterstützten das Vorhaben und verwiesen auf Thomas nachgewiesenen Antisemitismus. Doch viele Anwohner lehnen eine Änderung ab, und Straßen, Schulen sowie öffentliche Gebäude in ganz Bayern tragen weiterhin seinen Namen. Reiter’s Weigerung, tätig zu werden, spiegelt eine breitere Ablehnung wider.

Obwohl die Debatte Thomas Erbe neu in den Fokus rückt, gab es bisher keine offiziellen Schritte, seinen Namen aus dem öffentlichen Raum zu entfernen. Seine Werke – darunter „Heilige Nacht“ – bleiben trotz aller Kritik Teil der bayerischen Kultur. Der Streit zeigt die anhaltenden Spannungen zwischen historischer Erinnerung und der Aufarbeitung von Antisemitismus im öffentlichen Gedächtnis.